Bericht Adlerseminar

Präambel:

Dies ist ein gemeinsamer Bericht von Falknern aus den drei Falknerverbänden Orden Deutscher Falkoniere (ODF), Verband Deutscher Falkner (VDF) und Deutscher Falkenorden (DFO) über das am letzten Novemberwochenende 2023 stattgefundene Adlerseminar. Diese schriftliche Zusammenarbeit hat das Ziel, die harmonische Organisation sowie den Ablauf des von den drei Verbänden gemeinsam durchgeführten Seminars widerzuspiegeln und gleichzeitig einen weiteren Schritt in Richtung einer verstärkten Kooperation der Verbände zu gehen.

 

Adlerseminar 2023

 

Das erste verbandsübergreifende Adlerseminar über die Grundlagen der Beizjagd mit dem Adler inklusive praktischem Beispiel fand vom 24. bis zum 25. November 2023 in Birstein statt. Die Themen reichten von der Auswahl der Elterntiere und verschiedenen Zuchtmöglichkeiten, über die Küken- und Jungvogelaufzucht bis hin zur Ausbildung zum zuverlässigen Beizvogel. Während manche Teilnehmer sich bereits einen Adler aufgestellt oder konkrete Pläne in diese Richtung hatten, ging es anderen in erster Linie darum, das falknerische Wissen zu erweitern. Die Vorbereitung und Organisation hatte Alexander Junker (ODF) übernommen. Ihm gelang es, in Kooperation mit Referenten des DFOs, VDFs und ODFs eine harmonische, informative und sehr stimmungsvolle Veranstaltung auf die Beine zu stellen. (Im Folgenden wird jeweils nur ein Verein pro Referent genannt, jedoch haben einige Referenten eine Doppel- oder Dreifachmitgliedschaft.)

Bereits am Freitagabend fanden die ersten Vorträge statt. Zu Beginn führte Alexander Junker ins Thema ein, begrüßte die interessierten Teilnehmer und stellte die Vortragenden vor. Anschließend referierte Wolfgang Winkler (DFO) über das Abtragen, das Konditionieren und die ersten Jagdeinsätze bei Steinadlern. In einem weiteren Vortrag konnte Rebekka Bloßfeld (VDF) den Teilnehmern durch ihre langjährige Tätigkeit bei Josef Hiebeler viele spannende Einblicke in die Adlerzucht und -aufzucht geben, bespielsweise die Vor- und Nachteile der verschiedenen Aufzuchtsformen.

Zwischen den Vorträgen gab es immer wieder Zeitfenster, um die Vögel aus nächster Nähe zu begutachten, einzelne Themen intensiver zu besprechen und passendes Equipment für die gefiederten Begleiter oder Falkner selbst zu erwerben.  Bei Speis‘ und Trank konnten die Teilnehmer nicht nur ihren Wissensdurst stillen, sondern sich noch bis in den späten Abend hinein austauschen.


Der praktische Teil des Seminars fand am Samstag bei sonnig-zapfigen Temperaturen in Revieren statt, die in Deutschland immer seltener werden: Es lud ein Hasenbesatz ein, wie ihn viele Falkner nur aus längst vergangenen Zeiten kennen. Vielen Dank an dieser Stelle den Pächtern für diese fantastische Möglichkeit! Vor dem eigentlichen Aufbruch ins Revier durften die Seminarteilnehmer an der unmittelbaren Vorbereitung für die Beizjagd teilhaben: Ist das Equipment vollständig und verlässlich? Habe ich Ersatzutensilien parat? Wie kann ich meinen Adler unterwegs akkurat wiegen? In welcher Verfassung ist mein Adler heute? Sollte ich infolgedessen gewisse Aspekte besonders in Augenschein nehmen? Wie transportiere ich meinen Adler überhaupt am sichersten im Auto? In welcher Reihenfolge erledige ich was am besten? Fragen über Fragen, die stets freudig und ausführlich beantwortet wurden. Bestgestimmt ging es nach kurzer Einweisung mit vier Adlern los, um einen authentischen Einblick in das zu erlangen, von dem zuvor schon so viel berichtet wurde: Die praktische Beizjagd mit dem Adler. Neben einem Steinadlerweib, geflogen von Alexander Junker, und einem Steinadlerterzel, geflogen von Wolfgang Winkler, waren ein Habichtsadlerweib, geflogen von Ronald Chawner (DFO), und ein Habichtsadlerterzel, geflogen von Kati Junker (ODF), zu sehen.

Gleich zu Beginn der Beize gab es ein falknerisches Erlebnis der besonderen Art, wenn auch nicht geplant: Direkt am Feldrand konnte ein wilder Wanderfalke vor den Augen der Teilnehmer und Falkner eine Taube schlagen und kröpfte diese seelenruhig (behielt die Umgebung jedoch weiterhin aufmerksam im Auge), während ein Hase um ihn herum hoppelte.

Doch auch die eigentlichen Protagonisten dieser Beizjagd, die Adler, zeigten zum Teil spektakuläre Flüge. Ebenso konnten sehr aufmerksame Feldhasen beobachtet werden, welche die Adler hin und wieder regelrecht „austricksten“.

Ein sehr interessanter Aspekt für die Teilnehmer waren die sehr unterschiedlichen Herangehensweisen mit Steinadler bzw. Habichtsadler: Während erstere durchaus hundert Meter entfernte Hasen noch locker einholen konnten (wobei sich der eine oder andere Hase durch einen geschickten Richtungswechsel oder Sprung in die Luft – in einem Fall über den Adler drüber – retten konnte), zeigten die Habichtsadler eher habichtsähnliche Flüge. Statt weitläufiger Aufholjagden wie beim Steinadler, wurden die Hasen in kürzerer Distanz zu den Habichtsadlern hochgemacht, sodass diese dann ihre extreme Wendigkeit voll ausspielen konnten. So mancher Falkner grämte sich über die eine oder andere verpasste Chance, aber gerade für die Teilnehmer war es umso lehrreicher, wenn eben nicht alles wie am Schnürchen lief und man überlegen musste, was man beim nächsten Mal optimieren könnte.

Neben einigen „künstlerisch wertvollen“ Flügen gab es teilweise auch eher „kurze, zielorientierte“ Flüge zu sehen, von denen manche mit der vom Falkner mitgebrachten Atzung endeten. Leider bot sich keine geeignete Chance auf Rehwild, jedoch wurden zwei Hasen erfolgreich gebeizt. Schlussendlich zeigten alle vier Adler auf verschiedensten Wegen auf, wie wichtig eine harmonische Zusammenarbeit zwischen Vogel und Falkner ist und welche ungeahnten Freuden daraus entstehen können. Auch wenn mehrfach deutlich wurde, warum ein Adler definitiv nicht als „Erstvogel“ zu empfehlen ist - es wurde gleichermaßen klar, wie erfüllend es sein kann, wenn sich jahrelange Ausbildung, viel Fleiß und Schweiß endlich auszahlen. An dieser Stelle sei allen Falknern herzlichst gedankt, die sich mit ihren Adlern bereiterklärt haben, das Seminar tatkräftig zu unterstützen, indem sie ihre Vögel entsprechend vorbereitet und zur Verfügung gestellt haben. 

Sehr gerne wäre man noch bis in die Dunkelheit weiter auf „Hasenstreife“ gegangen, allerdings hatten sich die Adler allesamt ihren Feierabend verdient, während die Teilnehmer sich nicht nur auf den zweiten Theorieteil freuen konnten, sondern auch auf das sehr gute Essen der Pension.

An diesem Abend folgten zwei sehr informative Vorträge: Ronald Chawner gab einen guten, detaillierten aber dennoch kurzweiligen Überblick über unterschiedliche Adlerarten - „trocken“ war hier allenfalls der britische Humor des Vortragenden. Insbesondere ging er auf die artspezifischen Unterschiede zwischen afrikanischem und europäischem Habichtsadler ein, sowie deren Training und Ausbildung. Er erzählte mit so viel Herz und Enthusiasmus, dass man seine Begeisterung für diese Vögel regelrecht miterleben konnte.

Abgerundet wurde der theoretische Einblick in „die Welt der Adler und ihrer Falkner“ mit einem artspezifisch-praxisorientierten Beitrag von Dominik Fischer (DFO) über mögliche Erkrankungen, Verletzungen und Therapieansätze, der ein frühzeitiges Erkennen von Abnormitäten der Adler und die hohe Bedeutsamkeit des raschen Handelns in entsprechenden Situationen exponierte. Auch an diesem Abend blieb noch Zeit, sich mit den Vortragenden und anderen Teilnehmern auszutauschen und offengebliebene Fragen zu klären.

Die Stunde war zwar weit voran geschritten, nur irgendwie war das Wochenende „wie im Flug“ vergangen. Die Vortragenden hatten nicht nur viel Wissen vermitteln, sondern auch ihre Begeisterung für die Beizjagd mit dem Adler an die Teilnehmer weitergeben können. Gleichwohl wurde hier nichts beschönigt: Auch die Risiken, Herausforderungen und besondere Verantwortung, welche die Arbeit und die Jagd insbesondere mit den größeren Adlern mit sich bringt, wurden deutlich zum Ausdruck gebracht. Gerade dies war wirklich wertvoll, denn es ging ja nicht nur darum, dass die Begeisterung geweckt wird (spätestens nach der Jagd waren viele „angefixt“), sondern auch, dass jeder, der tatsächlich die Aufstellung eines Adlers in Erwägung zieht, die eigenen Möglichkeiten realistisch einschätzen kann. Habe ich die entsprechenden Jagdmöglichkeiten, passendes Gelände und weitere Voraussetzungen, einem Adler gerecht zu werden? Auf solche und viele weitere Fragen konnten die Teilnehmer in diesem Seminar Antworten bekommen, und mit einem sehr soliden Grundlagenwissen rund um den Adler nach Hause gehen.

Den Referenten und Organisatoren ein ganz herzliches Dankeschön für dieses top organisierte, strukturierte und praxisnahe Seminar. Es ist sehr zu hoffen, dass die Veranstaltung wiederholt wird - sie sei jedem ans Herz gelegt, der sich für die Beizjagd mit dem Adler interessiert (unabhängig davon, ob man tatsächlich beabsichtigt, sich einen eigenen Vogel aufzustellen). Die Vorträge waren äußerst informativ und lehrreich, aber besonders nachhaltig war das Gefühl der Gemeinschaft und der Zusammengehörigkeit, was in der Geschichte der drei Falknerverbände ein neues Erlebnis darstellt und sich hoffentlich auch für die Zukunft bei weiteren gemeinsamen Veranstaltungen wieder einfinden wird.

Die spontan im Anschluss an das Seminarwochenende entstandene WhatsApp-Gruppe lädt mit einem Link zu photographischen Stilblüten der beiden Seminartage nicht nur zum Verweilen ein, sondern bietet auch die Möglichkeit, eine vielleicht im Nachhinein aufkommende Frage oder Rückmeldung auf direktem Wege an die entsprechenden Adressaten weiterzuleiten. 

 

Summa summarum ein rundum gelungenes Angebot mit Wiederholungsbedarf.

 

Marina Grebe, Rebekka Bloßfeld und Angela Graefen

(in Vertretung für den ODF, DFO und VDF)